Besonderheiten der Informationstechnologie bei Anträgen zur steuerlichen Forschungszulage

Im Bereich der IT und Softwareentwicklung wurden seit der Einführung der steuerlichen Forschungszulage im Jahr 2020 bis 30.06.2024 bereit 2.977 Anträge gestellt. Damit wurde die steuerliche Forschungszulage in kürzester Zeit ein zentraler Baustein für die Finanzierung der Entwicklungskosten für IT und Softwareentwicklung.

Die Informationstechnologie unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten wesentlich von anderen Industrien. Deshalb sollen nachfolgend die Anforderungen und Prüfkriterien der Bescheinigungsstelle diskutiert werden.

Informationstechnologien spielen eine dominierende Rolle bei nahezu allen Branchen. IKT ist zum einen als Forschungsbereich mit eigenen FuE-Themen zu verstehen, kann aber auch wichtiges FuE-Element in unterschiedlichsten weiteren Forschungsbereichen, Branchen oder Anwendungen sein.

So vielseitig die Anwendungsgebiete sind, so vielseitig stellt sich heute auch das Spektrum der zur Verfügung stehenden IKT-Technologien und der damit verbundenen Werkzeuge dar. Die Branche ist mit einem rapiden Wachstum verbunden sowie einem stetigen Wandel unterzogen. Neben klassischen Hardware- und Softwareentwicklungen sind Themenkomplexe wie beispielsweise

  • Data Science / Big Data
  • Industrie 4.0 (z. B. Predictive Maintenance)
  • Internet of Things (IoT)

als fester Bestandteil der Informations- und Kommunikationstechnologien zu betrachten.

Die AGVO und das Frascati-Handbuch grenzen FuE von nicht förderfähiger betrieblicher Innovation ab

Das FZulG verweist in § 2 Abs. 1 auf die im Sinne des Gesetzes begünstigten, d. h. bescheinigungsfähigen Forschungs- und Entwicklungsarten. Diese wiederum beruhen auf der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und ihren Definitionen für die Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung. Für die Informationstechnologie haben die industrielle Forschung und die experimentelle Entwicklung besondere Bedeutung:

  • Unter industrieller Forschung wird als „planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln oder wesentliche Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen herbeizuführen“ beschrieben (Art. 2 Abs. 85 AGVO).
  • Im Fall der experimentellen Entwicklung spricht die AGVO von „Erwerb, Kombination, Gestaltung und Nutzung vorhandener wissenschaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und sonstiger einschlägiger Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln“ (Art. 2 Abs. 86 AGVO)

Die Informationstechnologie muss, wie alle anderen Industrien, die Frascati-Kriterien für Forschung und Entwicklung erfüllen:

  • Es muss auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse abzielen (neuartig), ein wissenschaftlicher und /oder technischer Fortschritt muss erzielt werden
  • es muss originär sein (schöpferisch), keine Routinetätigkeiten
  • einem Plan folgen und budgetierbar sein (systematisch),
  • es müssen Unsicherheiten in Bezug auf das Endergebnis bestehen (ungewiss), die im Extremfall zum Scheitern führen könnten
  • und es Möglichkeiten der Reproduzierbarkeit vorhanden sein (übertragbar und/oder reproduzierbar).

Vorhaben sind der Forschung und Entwicklung zuzuordnen, wenn die Erreichung des Projektziels mit wissenschaftlichen bzw. technischen Unwägbarkeiten / Risiken im Rahmen der Umsetzung verbunden ist, wodurch die Zielerreichung des Vorhabens gefährdet wird oder die Umsetzung – im Extremfall – scheitern kann.

Abgrenzung zwischen begünstigter FuE, Innovationen und anderen wirtschaftlichen Aktivitäten

Was kann für F&E sprechen?

  • Entwicklung von Programmiersprachen; Betriebssystemen
  • Entwicklung von Softwaretools/-technologien für spezialisierte Anwendungsgebiete
    WENN dabei technologische Unsicherheiten zu lösen sind
  • In der Regel gilt: je aktiver/intelligenter die Software desto innovativer
  • Es werden Methodiken eingesetzt, die den umfassend genutzten Stand der Technik übersteigt

Was deutet auf keine F&E hin?

  • Entwicklung von Software mit Hilfe bekannter Methoden und bereits existierender Softwaretools
  • Datenbanken, bei denen der Inhalt der Datenbank relevanter ist als die Softwarelösung
  • Einsatz bestehender Software auf neuen Anwendungsgebieten

Vorhaben, die ausschließlich folgende Tätigkeiten aufweisen, sind nicht bescheinigungsfähig:

  • Einsatz bestehender Methoden zur Gewährleistung von Datensicherheit

  • Arbeiten zur Zertifizierung bestehender Produkte oder Programme

  • Einrichtung von Rechenzentren, Firewalls, Monitoring- oder Hosting-Diensten etc.

  • Installation und Konfiguration bestehender Server-Client-Lösungen, Cloud-/Edge-Lösungen, etc.

  • Einrichtung von Fernzugriff oder Standortvernetzung, Datenmigration

  • Einführung und Konfiguration von etablierter Software oder Hardware

  • Portierung von Software (z.B. Standalone-Software zu Cloud-Lösung)

  • Baukastenbasierte Zusammensetzung oder Anwendung (automatisierter) Software-Lösungen ohne wissenschaftliche oder technische Risiken

  • Übliche Problemstellungen bei der Softwareentwicklung, welchen mit routinemäßigen Verfahrensweisen begegnet werden kann

  • Routinemäßige Entwicklungstätigkeiten der Software- / Hardware-Entwicklung sowie damit verbundene ergänzende Tätigkeiten (z.B. Anforderungsanalyse, Testing, Debugging, Dokumentation)

  • Hinterlegen von Inhalten in einer digitalen Lernplattform

Diese Anforderungen an die Neuheit, die technischen Risiken und die Planmäßigkeit müssen Ihre Projekte erfüllen

Neuheit

In der Beschreibung des Vorhabens sind das Ziel, entsprechende Lösungsansätze und die Anforderungen des Vorhabens, unter Einbeziehung relevanter Parameter, darzulegen. Aus der Vorhabenbeschreibung muss zudem hervorgehen, inwiefern sich die Inhalte von etablierten IT-Lösungen hinsichtlich vergleichbarer Probleme sowie Lösungsansätze abgrenzen.

Für eine Bewertung durch die BSFZ ist es hilfreich, die Anforderungen und Zielkriterien mit konkreten und quantitativen Angaben zu untersetzen.

Bitte beschreiben Sie die für die Vorhabenumsetzung vorgesehenen Methoden / Technologien / Algorithmen / Basiskomponenten (u.a. Schnittstellen, Bibliotheken, Datenbanken) und die damit verbundenen Herausforderungen genau.

Technische Risiken

Projekte sind der Forschung und Entwicklung zuzuordnen, wenn die planmäßige Umsetzung eines neuartigen Ziels von wissenschaftlichen und / oder technologischen Risiken begleitet wird.

Diese Risiken können sich aus den Anforderungen der Zielsetzung oder den Rahmenbedingungen ergeben bzw. aus den zu erreichenden Funktionalitäten / Zielparametern resultieren.

Dies umfasst u.a. Leistungsgrenzen im Rahmen der Datenverarbeitung, die Funktionstüchtigkeit bzw. -stabilität von Algorithmen / Methoden / Technologien sowie die Erfüllung (konträrer) Anforderungen.

Planmäßigkeit

Das Kriterium der Planmäßigkeit erfordert, dass die Arbeiten genau definierte Aufgaben wissenschaftlicher oder technischer Art mit klar festgelegten Zielen beinhalten. Die Planung der durchzuführenden Tätigkeiten erfolgt etwa über einen Zeit- bzw. Arbeitsplan mit entsprechender Ressourcen- und Personalplanung, Arbeitspaketen und ggf. Meilensteinen oder durch die Darstellung einzelner Verfahrensschritte und der jeweils erwarteten (Zwischen-)Ergebnisse. 

Nutzen Sie öffentliche Fördermittel und geben Ihrem Unternehmen einen Wachstumsschub!

Hohe Zuschüsse und Zulagen schaffen die notwendigen unternehmerischen Freiräume.

Schöpfen Sie Ihre Förderansprüche aus, mit unseren regelmäßigen Veröffentlichung möchten wir Beiträge für erfolgreiche Fördermittelanträge leisten.

Helmut Haimerl, Leiter Steinbeis Beratungszentrum

Helmut Haimerl

Helmut Haimerl ist Geschäftsführer der Steinbeis Technologie- und Innovationsberatung GmbH. Er gilt als einer der führenden Experten für Technologieförderung in Deutschland. Sein Wissen in Theorie und Praxis macht ihn zu einem gefragten Gastautor. Ein besonderes Augenmerk legt er auf das systematische Vorgehen, um den innovativen Kern der Projekte im Dialog mit den Kunden herauszuarbeiten. Sein Ziel ist die Optimierung von Förderanträgen und das Ausschöpfen von Gestaltungsmöglichkeiten.