Übrige Kosten im ZIM-Programm – Ein Bürokratiemonter mit Ansage

Von wegen Bürokratieabbau. Konnte bisher für innovative FuE-Projekte im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) unbürokratisch Pauschalen für Gemeinkosten angesetzt werden, so müssen diese jetzt einzeln kalkuliert und nach Projektabschluss nachgewiesen werden. Verständlich, dass dies bei den innovativen Unternehmen zu einem Aufschrei führte.

Hintergrund ist der neue Berechnungsmodus, mit dem die beihilferechtlichen Vorgaben der EU berücksichtigt werden. Besondere Kritik betrifft die Berücksichtigung der Pauschalierungsoption der zum 01.07.2023 neugefassten AGVO in den Antragsformularen (gem. Art. 25, Abs. 3 AGVO). Versetzt die EU mit diesem bürokratischen Monster dem populären Technologieförderprogramm ZIM-Programm den Todesstoß?

Konnten bisher KMU´s in ZIM-Projekten pauschal 100 % auf die Personalkosten für übrige Kosten aufschlagen, so müssen diese jetzt einzeln nachgewiesen werden. Da diese Kostenpositionen vor Projektbeginn nur geschätzt werden können, müssen die entstandenen Kosten nach Projektende „auf Anfrage“ nachgewiesen werden. Grundsätzlich gilt, übersteigen die nachgewiesenen übrigen Kosten 100 % der Personalkosten, so werden diese auf max. 100 % gekürzt.

Die Aufregung über dieses Bürokratiemonster will das Wirtschaftsministerium (BMWK) jetzt mit der im Juli 2024 eingeführten Regelung etwas beruhigen:

Ab dem 9. Juli 2024 haben antragstellende Unternehmen die Möglichkeit, die Anlage 6.4a auszufüllen oder wahlweise eine in den aktualisierten Antragsformularen enthaltene Erklärung abzugeben, dass der im Antrag angegebene Wert für übrige projektbezogene Kosten konform mit der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung der EU (AGVO) ermittelt wurde.

Mit einer Rücknahme der Einzelnachweise ist aufgrund der Vorgaben der AGVO nicht zu rechnen. Damit verliert ZIM gegenüber der gerade gestärkten steuerlichen Forschungszulage an Attraktivität. Vergleiche zeigen, dass unter Berücksichtigung der Ertragssteuerbelastung – ZIM-Zuschüsse sind als außerordentliche Erträge zu buchen – ZIM keinen Vorteil mehr bietet und darüber hinaus erheblich höheren bürokratischen Aufwand erfordert. Einzig attraktiv erscheint, wenn das KMU eine Kooperation mit einer Forschungseinrichtung eingeht und diese vollständig, bis zu einem maximalen Betrag von € 220.000, gefördert wird.

Aus Sicht der Steinbeis Technologie- & Innovationsberatung GmbH (STI) sollte das Bundeswirtschaftsministerium überprüfen, inwieweit diese Verschlechterungen durch eine Erhöhung der Fördersätze aufgefangen werden könnten. Hierfür bietet die AGVO viel Raum. Die Beihilfeintensitäten für industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung können im Einklang mit Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe a bis d auf bis zu 80 % der beihilfefähigen Kosten angehoben werden.

ZIM war für KMU´s bis vor kurzem das einzige Förderprogramm, das aufgrund des schnellen einstufigen Antragsweges attraktiv erschien. Aufgrund der aufgezeigten bürokratischen Hürden empfehlen wir auch mögliche Alternativen zu ZIM zu prüfen. Erste Vergleichsrechnungen ergeben, dass zum Beispiel die steuerfreie steuerliche Forschungszulage mit dem jetzt für KMU´s erhöhten Fördersatz von 35 % zu einer ähnlichen Förderhöhe führt. Damit Unternehmen das richtige Förderprogramm auswählen hat das Steinbeis STI die passenden Instrumente erarbeitet. Gerne unterstützen wir Sie bei allen Förderthemen.

Beispielrechnung zum neuen Berechnungsmodus zur Ermittlung der übrigen projektbezogenen Kosten nach AGVO Art. 25 Abs. 3

ZIM_AGVO

Wegen der anhaltenden Kritik der mittelständischen Unternehmer vergleicht die Steinbeis Technologie- & Innovationsberatung GmbH (STI) nun erstmals die Wirkungen dieser Änderungen anhand einer Beispielrechnung. Grundlage ist die Anlage 6.4 a des ZIM-Antrages sowie aus Sicht des STI plausible Annahmen und Berechnungsgrundlagen.

Aufgrund der hier getroffenen Annahmen ergibt sich ein Zuschlagssatz für übrige Kosten von ca. 82 % auf die Personalkosten. Im vorliegenden Fall wäre das eine Verminderung um 18 % oder ca. 35.000 € gegenüber der bestehenden Regelung. Im Regelfall werden sich also die Förderbedingungen deutlich verschlechtern. Zusätzlich werden die Mittelständler mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand des Einzelnachweises belastet und der Prüfung und Korrektur der Kosten nach Projektende können Rückzahlungsbescheide auf sie zukommen.

AGVO oder De Minimis – Was Sie über Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wissen müssen

Worum geht es bei der AGVO?

Mit der AGVO werden bestimmte staatliche Beihilfemaßnahmen, die einen spürbaren Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa leisten, als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt und von der Anmeldungs- und Genehmigungspflicht freigestellt.

Die AGVO legt insbesondere Kriterien fest zu

  • Begünstigten,
  • Beihilfehöchstintensitäten (den maximalen Anteil der förderfähigen Kosten eines Projekts, der staatliche Beihilfen erhalten kann),
  • Beihilfebeträgen,
  • förderfähige Ausgaben.

Diese Kriterien leiten sich ab aus der Markterfahrung und Entscheidungspraxis der EU-Kommission.

Beihilfen für FuE-Vorhaben werden in der Regel nach Artikel 25 der AGVO gefördert. In der Bekanntmachung wird auch auf die geltenden Richtlinien auf Förderung verwiesen. Grundsätzlich sind danach folgende Kostenkategorien förderfähig:

  • Materialkosten,
  • FE-Fremdleistungen, Personalkosten und Gemeinkosten (ggf. als Pauschale bei der pauschalierten Abrechnung) in %,
  • Reisekosten,
  • Abschreibungen auf vorhaben-spezifische Anlage N;
  • Sonstige unmittelbare Vorhabenkosten, wie Dienstleistungsaufträge, Lizenzen…

Beihilfefähige Kosten sind:

Personalkosten: Kosten für Forscher, Techniker und sonstiges Personal, soweit diese für das Vorhaben eingesetzt werden (Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe a AGVO);

Kosten für Instrumente und Ausrüstung, soweit und solange sie für das Vorhaben genutzt werden. Wenn diese Instrumente und Ausrüstungen nicht während ihrer gesamten Lebensdauer für das Vorhaben verwendet werden, gilt nur die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelte Wertminderung während der Dauer des Vorhabens als beihilfefähig (Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe b AGVO);

Kosten für Auftragsforschung, Wissen und für unter Einhaltung des Arm’s-length-Prinzips von Dritten direkt oder in Lizenz erworbene Patente sowie Kosten für Beratung und gleichwertige Dienstleistungen, die ausschließlich für das Vorhaben genutzt werden (Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe d AGVO);

zusätzliche Gemeinkosten und sonstige Betriebskosten (unter anderem Material, Bedarfsartikel und dergleichen), die unmittelbar durch das Vorhaben entstehen (Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe e AGVO).

Die Beihilfeintensität pro Beihilfeempfänger darf folgende Sätze nicht überschreiten:

  • 100 % der beihilfefähigen Kosten für Grundlagenforschung (Artikel 25 Absatz 5 Buchstabe a AGVO);
  • 50 % der beihilfefähigen Kosten für industrielle Forschung (Artikel 25 Absatz 5 Buchstabe b AGVO);
  • 25 % der beihilfefähigen Kosten für experimentelle Entwicklung (Artikel 25 Absatz 5 Buchstabe c AGVO).

Die Beihilfeintensitäten für industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung können im Einklang mit Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe a bis d auf bis zu 80 % der beihilfefähigen Kosten angehoben werden.

Was ist der Unterschied zwischen der AGVO und der De-minimis-VO?

In der AGVO sind bestimmte Maßnahmen definiert, die nach EU-Recht sogenannte freigestellte Beihilfen darstellen und somit von den Mitgliedsstaaten gefördert werden können.

Bei der De-minimis-Verordnung ist die Höhe der Beihilfe für das einzelne Unternehmen entscheidend. So können nach EU-Recht geringfügige Beihilfen, die über einen Zeitraum von bis zu drei Steuerjahren unterhalb des in der Verordnung genannten Schwellenwertes von 300.000 Euro liegen, gewährt werden. Bei einer Summe in dieser Höhe wird angenommen, dass keine relevante Wettbewerbsverzerrung des freien Marktes in der EU vorliegt.

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Helmut Haimerl, Leiter Steinbeis Beratungszentrum

Helmut Haimerl

Helmut Haimerl ist Geschäftsführer der Steinbeis Technologie- und Innovationsberatung GmbH. Er gilt als einer der führenden Experten für Technologieförderung in Deutschland. Sein Wissen in Theorie und Praxis macht ihn zu einem gefragten Gastautor. Ein besonderes Augenmerk legt er auf das systematische Vorgehen, um den innovativen Kern der Projekte im Dialog mit den Kunden herauszuarbeiten. Sein Ziel ist die Optimierung von Förderanträgen und das Ausschöpfen von Gestaltungsmöglichkeiten.